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Nach dem Fernstudium
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Internationale Projekte in der Entwicklungsarbeit als Lebensaufgabe

Giulia Steen aus Berlin hat am Distance and Independent Studies Center (DISC) den Fernstudiengang Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit studiert. Die 30-Jährige arbeitet aktuell bei „Brot für die Welt“, ist aber dank ihres Masterstudiums für ein internationales Programm der Vereinten Nationen (United Nations, UN) ausgewählt worden.

Von Unispectrum live

Unispectrum-live: Ihr Studium hat unter anderem dazu beigetragen, dass Sie am RAUN-Programm der UN teilnehmen dürfen – was genau bedeutet das und woran werden Sie in der Zeit arbeiten?

Steen: Die Regional Academy on the United Nations (RAUN) bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs in Bezug auf die Vereinten Nationen und die internationale Zusammenarbeit aus. Ziel ist es, vertieftes Wissen über die UN und ihre Funktionen zu vermitteln, kulturelles Bewusstsein und Offenheit zu schärfen und ein Forum für Vernetzung und akademischen Austausch zu bieten. Das RAUN-Programm hat 2021 das Thema ‚COVID-19 recovery: towards more resilient and inclusive solutions’. Es ist in direkter Weise mit den Inhalten meines Studiums verknüpft, da die Pandemie Einfluss auf die Entwicklungen im globalen Süden hat.

Nach meiner Bewerbung und einem Interview habe ich mich sehr darüber gefreut, zur Teilnahme eingeladen worden zu sein. In den kommenden Monaten arbeite ich in einem Team an einem aktuellen Forschungsthema der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, im Kontext von globaler Impfstoffverteilung während der Covid-19-Pandemie. Im Dezember werden wir, sofern die Pandemie es zulässt, die Ergebnisse im UN-Hauptsitz in Wien präsentieren.

Unispectrum-live: Warum haben Sie sich speziell für den Master in Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit entschieden?

Steen: In meinem Erststudium der Architektur lag mein Fokus bereits auf internationalen Projekten. Leider hat es sich damals nicht ergeben, einen Job in der Entwicklungszusammenarbeit zu finden, sodass ich nach meinem Erststudium in einer Unternehmensberatung gearbeitet habe. Die Leidenschaft für die internationale Zusammenarbeit ist jedoch geblieben, sodass ich mich neben meiner Arbeit fortbilden wollte, um mich nach dem Abschluss auch beruflich weiterzuentwickeln. Ganz so lange musste ich nicht warten: Bereits zwei Semester nach Beginn des Studiums habe ich in ‚Brot für die Welt’ einen tollen Arbeitgeber gefunden. Hier muss Entwicklungszusammenarbeit nicht von heute auf morgen, sondern langfristig und damit nachhaltig gedacht werden.

Es war spannend, neben den theoretischen Grundlagen, die ich im Studium lernte, auch die praktische Anwendung der verschiedenen Theorien und Ansätze zu sehen. Ein schönes Beispiel dafür ist die Unterstützung von nachhaltiger Entwicklung mithilfe von Bauprojekten, die ich sowohl beruflich als auch im Studium thematisieren konnte.

Unispectrum-live: Wie haben Sie den Spagat zwischen Beruf, Familie und Studium gemeistert?

Steen: Es war nicht immer leicht, Studium, Beruf und Familie miteinander zu vereinen. Insbesondere während meiner Zeit in der Unternehmensberatung musste ich beruflich viel reisen, was ich im ersten Semester als schwierig empfand. Ich habe gelernt, mir Freiräume im Alltag zu suchen, die ich bisher nicht genutzt hatte: Die Zugfahrten oder Flugreisen zu meinen Einsatzorten habe ich zum Beispiel genutzt, um Studienbriefe zu lesen oder an Studienarbeiten zu schreiben. Mein größtes Learning aus dieser Zeit ist es, nicht vor Hindernissen zurückzuschrecken, sondern stattdessen nach (kreativen) Möglichkeiten zu suchen.

Unispectrum-live: Was waren die größten Herausforderungen im Masterstudium im Hinblick auf Ihr privates und berufliches Leben?

Steen: Die größte Herausforderung des berufsbegleitenden Studiums war für mich, kontinuierlich am Ball zu bleiben: Das berufliche und private Leben entwickelt sich innerhalb von zwei Jahren enorm weiter. Manchmal ist es schwer, einen angemessenen Fokus auf das Studium zu legen, während sich alle anderen Bereiche weiterentwickeln und sich neue Optionen und Möglichkeiten ergeben. Es ist wichtig, in der Freizeit eine Balance zu finden, die sowohl Zeit mit der Familie als auch Rückzugsmöglichkeiten zum Studium bietet.

Unispectrum-live: Wie hilft Ihnen das Studium in Ihrer beruflichen Praxis?

Steen: Ich kann mein Studium jeden Tag in meiner Arbeit anwenden, weil es mir die Möglichkeit gibt, einzelne Maßnahmen in einem politischen, globalen und historischen Zusammenhang zu sehen.

Unispectrum-live: Wie geht es nach dem Masterabschluss für Sie weiter?

Steen: Meine Masterarbeit mit dem Fokus auf Evaluation für kleine Nichtregierungsorganisationen habe ich vor kurzem abgeschlossen, jedoch bleibt bei mir eine Lust nach mehr zurück: Mehr Forschung, mehr Literaturrecherche und mehr Lernen. Ich spiele daher mit dem Gedanken, eine vertiefende Promotion anzuschließen und bin dazu auch bereits mit dem Betreuer meiner Masterarbeit im Gespräch.

Weiterhin hatte ich das Glück, meine Masterarbeit zusammen mit ‚Ingenieure ohne Grenzen’ zu erarbeiten. Ich habe nach der Abgabe meiner Arbeit zwei Präsentationen im Verein gehalten, um Ergebnisse vorzustellen und zu diskutieren – einzelne Empfehlungen fließen bereits in die Konzeptionierung von Evaluationsprozessen ein.

Unispectrum-live: Was können Sie Studieninteressierten mit auf den Weg geben?

Steen: Traut euch! Zu Beginn des Studiums habe ich mir selbst immer wieder gesagt, dass ich das Studium nicht wie ein Studium angehen werde, sondern vielmehr wie ein Hobby. Das hat mir sehr geholfen, den Eigenanspruch zu reduzieren, jeden Kurs im dafür vorgesehenen Semester absolvieren zu müssen. Es ist nicht schlimm, wenn das Studium etwas länger dauert, schließlich gibt es im privaten und beruflichen Alltag stets viele Herausforderungen, die es zusätzlich zu meistern gilt.