© View
TUK-STUDENTIN DER ELEKTRO- UND INFORMATIONSTECHNIK AUSGEZEICHNET
2326 Views | 0 Notes
Für die Masterarbeit nach Norwegen

Lisa Reis wird mit dem renommierten Herbert-Kind-Preis ausgezeichnet: Die junge Frau studiert Elektro- und Informationstechnik mit dem Schwerpunkt Elektrische Energietechnik an der TU Kaiserslautern. Für ihre Masterarbeit will sie an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens forschen.

Von Unispectrum live • Christine Pauli

„Ich freue mich wirklich sehr. Toll, dass meine Leistungen der letzten Jahre so wertgeschätzt werden“, sagt Lisa Reis, spricht man sie darauf an, dass sie die diesjährige Preisträgerin des renommierten Herbert-Kind-Preises ist. Eine Auszeichnung, die von der Energietechnischen Gesellschaft im VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) vergeben wird – und die überdurchschnittliche Studienleistungen auf dem Gebiet der Elektrischen Energietechnik würdigt. Professor Dr.-Ing. Wolfram H. Wellßow, Leiter des Lehrstuhls für Energiesysteme und Energiemanagement an der TU Kaiserslautern, hatte die engagierte Masterstudentin für den Preis vorgeschlagen. Und die zeigt sich bescheiden, will gar nicht unbedingt nur ihre Leistung in den Vordergrund stellen: „Auf diese Weise kann ich ja auch unser Fachgebiet repräsentieren und zeigen, was wir für tolle Sachen machen.“

In Trondheim zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung forschen

Die Verleihung des Preises findet allerdings erst im Frühjahr 2023 statt, denn für Lisa Reis geht es jetzt erst einmal in die Ferne: Mit den 5.000 Euro Preisgeld der Herbert-Kind-Auszeichnung werde ein Auslandsaufenthalt mitfinanziert, wie sie berichtet. Es geht für ein Erasmus-Semester ins norwegische Trondheim. Genauer gesagt an die Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens. Dort will sie in Kooperation mit dem Forschungsinstitut SINTEF Energy ihre Masterarbeit anfertigen. „Im Juli werde ich zunächst mit meinem Freund durch Norwegen und Schweden reisen.“ Ab August beginne dann das Semester in Trondheim: „Zuerst stehen wahrscheinlich ein Norwegisch-Intensivkurs und die Einführungsveranstaltungen der norwegischen Uni auf dem Programm.“ Ab September will sie sich dann voll und ganz ihrer Masterarbeit widmen: „In der Arbeit wird es um Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung – kurz HGÜ – gehen.“ HGÜ wird benötigt, um Strom über große Strecken übertragen zu können, beispielsweise von Windparks auf See an Land. Vereinfacht gesagt gehe es in der Masterarbeit darum, so erklärt es Lisa Reis, mit Hilfe von HGÜ-Anlagen die Stromnetze zu stabilisieren – denn „in Zukunft wird es weniger große Kraftwerke und damit auch weniger große Generatoren geben.“ Der Vorteil von großen Generatoren: Sie haben eine sehr große, sich drehende Masse und damit sehr viel sogenannte Rotationsenergie. Und Lisa Reis erklärt weiter zum Hintergrund: „Im Stromnetz muss unbedingt immer genau so viel Strom erzeugt werden, wie er verbraucht wird.“ Sei dieses Gleichgewicht kurzzeitig nicht ausgeglichen, also wird etwa mehr Strom verbraucht als erzeugt, so könne die fehlende Energie durch einen Teil der in den drehenden Generatoren gespeicherten Rotationsenergie ausgeglichen werden. Kurz gesagt: Die rotierende Masse stabilisiert das Netz. Doch mit der Energiewende werde genau das nicht mehr so einfach möglich sein: „Photovoltaik-Anlagen haben beispielsweise keine rotierende Masse und daher gibt es einen solchen Effekt nicht.“ HGÜ-Anlagen können das mit geeigneter Regelung ausgleichen. In Trondheim will Lisa Reis zu diesem Thema forschen und ihre Erkenntnisse dazu gleich in den dortigen Hochspannungslaboren testen.

Bachelorstudiengang als Jahrgangsbeste abgeschlossen

Die aus der Vorderpfalz stammende Lisa Reis hat nach einem sehr guten Abitur den Bachelorstudiengang Elektro- und Informationstechnik mit dem Schwerpunkt Elektrische Energietechnik an der TU Kaiserslautern absolviert - und als Beste ihres Jahrgangs mit der Note „sehr gut“ abgeschlossen. Das Thema ihrer Bachelorarbeit, die im April 2021 fertig wurde, war „Laboruntersuchungen zu einem autonomen Netzautomatisierungssystem auf Basis spärlicher Smart-Meter-Infrastruktur“. Hier ging es vereinfacht gesagt darum, dass die Netze in Zeiten der Energiewende verstärkt werden müssen: „Immer mehr Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos werden im Niederspannungsnetz angeschlossen und lasten die Netze stärker aus als bisher.“ Lisa Reis hat – gemeinsam mit ihrem Betreuer, dem Doktoranden Marco Weisenstein – an einem neuen System gearbeitet, das das Netz intelligenter macht. „Sodass man abschätzen kann, wie der Zustand im Netz ist und wo Handlungsbedarf besteht.“ Das neue System soll dabei unterstützen, Überlastungen zu erkennen und soweit möglich durch geeignete Steuerung auszugleichen. Bisher gebe es nämlich im Niederspannungsnetz noch keine Möglichkeit, den Zustand im Netz zu beobachten und steuern zu können. Die Experimente dazu haben sie anhand von Modellen im Smart-Grids-Labor der TU Kaiserslautern durchgeführt. Die Bachelorarbeit war dabei die Vorarbeit für einen Feldtest, bei dem das System im echten Stromnetz eingebaut und getestet wurde.

Ein Studium in Elektro- und Informationstechnik birgt ein riesiges Zukunftspotenzial

Neben ihrem Studium war Lisa Reis bis Ende letzten Jahres in der Studierendenvertretung und der Regionalgruppe von „Ingenieure ohne Grenzen e.V.“ engagiert und hat neue Studierende in Mentoring-Programmen unterstützt. Derzeit erzielt sie im Masterstudiengang ebenfalls ausgezeichnete Noten. Warum hat sie sich für ein Studium der Elektro- und Informationstechnik entschieden? „Ich war in der Schule in Mathematik, Physik und Informatik immer gut und es hat mir Spaß gemacht. Dadurch war für mich klar, dass ich etwas in Richtung Ingenieurwissenschaften machen möchte.“ Die Elektro- und Informationstechnik sei es dann letztendlich geworden, weil sie sich von der Vielfalt angesprochen fühlte: „Die reicht von der kleinsten Mikroelektronik über Robotik und Medizintechnik bis hin zur größten Hochspannungstechnik. All das ist heutzutage aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.“ Im dritten Semester des Bachelorstudiums wird eine Vertiefungsrichtung gewählt, wobei Lisa Reis sich die Energietechnik aussuchte. Denn mit der Energiewende berge das Thema ein riesiges Zukunftspotenzial und die Möglichkeit, aktiv an einer der größten Herausforderungen unserer Zeit mitzuarbeiten, wie sie sagt.

„Wichtig ist, dass man das auch wirklich durchziehen will“

Welche Voraussetzungen muss man für das Studium mitbringen? „Auch wenn man am Anfang vielleicht in Mathematik und Physik nicht so gut ist, kann man das durchaus aufholen. Ohne Mathematik geht es aber nicht. Wichtig ist vor allem Durchhaltevermögen.“ Und die 23-Jährige ergänzt: „Man sollte sich auf jeden Fall für das Thema Technik interessieren.“ Das Studium sei schon sehr theoretisch orientiert, führt Lisa Reis weiter aus. Auch deshalb sei es wichtig, während des Studiums Praktika zu absolvieren: „Das kann ich jedem nur dringend empfehlen.“ Sie selbst konnte praktische Einblicke am Fraunhofer ITWM, bei ABB und Siemens Energy gewinnen und arbeitete am Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiemanagement mit. „Das war inhaltlich alles extrem spannend und vielfältig und man bekommt viele neue Perspektiven aufgezeigt.“ Auch könne man so bereits erste Kontakte für das spätere Berufsleben knüpfen. Zu ihrem Studiengang sagt sie weiter: „Zwar gibt es keine langen Semesterferien, da die vorlesungsfreie Zeit meist mit Prüfungen oder Laborpraktika gefüllt ist, aber dafür kann man sich die Zeit und Arbeit über die Semester eigenverantwortlich einteilen.“ Die Studienbedingungen am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik hat Lisa Reis als sehr angenehm wahrgenommen: „Unser Fachbereich ist relativ klein. Deshalb kennen sich die Studierenden untereinander.“ Auch zu den Lehrenden bestehe ein enger Kontakt. Und – mal von der Masterarbeit abgesehen – gebe es viele weitere Möglichkeiten, während des Studiums Erfahrungen im Ausland sammeln zu können. „Unser Fachbereich arbeitet mit vielen internationalen Universitäten zusammen.“

Viele Möglichkeiten: „Man kann direkt in die Industrie gehen oder auch erst promovieren“

Und wie soll es für Lisa Reis nach dem Masterabschluss weitergehen? „Da will ich mich jetzt gerade noch nicht festlegen“, sagt die junge Frau. Die Elektro- und Informationstechnik biete schließlich viele Möglichkeiten: „Man kann direkt in die Industrie gehen oder auch erst promovieren.“ Angebote bekommen Absolventinnen und Absolventen viele, weiß Lisa Reis: „Es werden jede Menge Ingenieurinnen und Ingenieure gebraucht, um die Energiewende stemmen zu können. Und auch in den anderen Bereichen sind sie sehr gefragt.“ Sicherlich stehe für sie in den nächsten zehn Jahren auch die Familienplanung auf der Wunschliste: „Ideal wäre es, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen.“ Doch so weit ist es noch nicht. Jetzt wolle sie erst einmal Augen und Ohren für berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten offen halten – und die nächsten Monate auf sich zukommen lassen. Doch eines ist sicher – wenn es um die Wahl ihres Studiengangs geht, dann resümiert die Masterstudentin: „Ich bereue nichts!“ Nicht nur die Auszeichnung mit dem Herbert-Kind-Preis zeigt, wie erfolgreich sie ihren Weg geht.

Bild des Benutzers Melanie Löw
Erstellt
am 15.07.2022 von
Melanie Löw