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Krisenerprobt und sozial engagiert
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Hochwasserexperte Stefan Frank kombiniert wissenschaftliche Perspektive und Einsatzerfahrung

An der Mosel aufgewachsen, kennt Stefan Frank Hochwassersituationen von Kindesbeinen an. Momentan schließt der 27-Jährige sein Studium im Bauingenieurwesen an der TU Kaiserslautern mit der Masterarbeit ab – das Thema lautet „Klimaangepasste Systemoptimierung in der operativen Gefahrenabwehr bei Hochwasserereignissen im Einzugsgebiet der Mosel“. In seiner Freizeit ist der Student beim Deutschen Roten Kreuz aktiv und hat in seiner Funktion als Verbandsführer Katastrophenschutz zu Beginn der aktuellen Hochwasserkatastrophe die Arbeit der Hilfsorganisationen in Rheinland-Pfalz angeleitet. Sein Ziel ist es, Hochwasserrisikomanagement ganzheitlich, aus forschend-wissenschaftlicher Perspektive und Sicht der Gefahrenabwehr vor Ort, zu betrachten.

Von Unispectrum live • Julia Reichelt

Mit seiner ruhigen, überlegten Art ist Stefan Frank ein idealer Einsatzleiter im Katastrophenschutz. Zweieinhalb Tage hat er für die Arbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz (HIK) in Rheinland-Pfalz, die unter anderem im Landkreis Ahrweiler im Einsatz war, den Hilfseinsatz koordiniert – danach hat ihn die Masterarbeit zurückgerufen. „Das war für mich ein innerer Konflikt“, sagt der angehende Bauingenieur. „Einerseits will ich natürlich so viel wie möglich helfen. Andererseits möchte ich natürlich auch mein Studium abschließen und damit verbundene Termine einhalten. Letztendlich habe ich zumindest in den ersten Tagen, der sogenannten Chaosphase, aus dem Einsatzstab in Mainz aus, die Grundlage dafür gelegt, dass die für die Hilfsaktivitäten erforderlichen Einsatzkräfte und Materialien zur Verfügung standen. Das war eine immense Herausforderung, denn wir konnten die Lage in den direkt betroffenen Orten anfangs nur schwer einschätzen, weil die meisten Kommunikationswege unterbrochen waren.“

Hochwasserrisikomanagement im Fokus

Ehrenamtliches Engagement ist Teil seines Lebens – nicht erst seit seiner Tätigkeit beim DRK. Als Jugendlicher war er bereits Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr, seit 2010 ist er im aktiven Dienst. Dadurch hat er so manchen Einsatz bei Starkregen und Hochwasser erlebt. „An der Mosel sind wir es gewohnt, dass in bestimmten Gebieten immer wieder Hochwassersituationen auftreten“, so Frank. Die aktuelle Hochwasserkatastrophe beschreibt er dennoch als Ereignis, welches seine bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen bei Weitem übersteigt. „Seit dem Jahrhunderthochwasser an der Mosel vor knapp 30 Jahren gab es in Rheinland-Pfalz keinen Flächenschaden dieser Dimension mehr“, ergänzt der 27-Jährige. „Das hat anscheinend zu einer schleichenden ‚Hochwasserdemenz‘ geführt, Vorsorgemaßnahmen sind in den Hintergrund gerückt.“

In seiner Masterarbeit untersucht der angehende Bauingenieur, der den Schwerpunkt „Infrastruktur, Wasser und Mobilität“ gewählt hat, ein ähnlich gelagertes Szenario: Ein 10-jährliches Moselhochwasser, welches sich mit Starkregenereignissen überlagert und dadurch verschärft wird. Die Schnittstelle zwischen der wissenschaftlichen Forschung und seinem Engagement in der Gefahrenabwehr kommt ihm hier zugute. „Ich kenne beide Perspektiven und verstehe mich dadurch als Dolmetscher zwischen den Bereichen“, erklärt der Masterstudent. „In meiner Arbeit stelle ich dar, wie die Wasserwirtschaft, indem sie entscheidungsrelevante Geoinformationen erhebt und zur Verfügung stellt, dazu beitragen kann, dass bei Hochwasserkatastrophen eine effiziente und fundierte Lagebeurteilung möglich wird. Die Einschätzung der Lage durch die Gefahrenabwehr ist deshalb so kritisch, weil sie die Basis für alle weiteren Einsatzentscheidungen im Krisengebiet bildet.“ Die angesprochenen Daten beinhalten zum Beispiel präzise Hochwasservorhersagemodelle, die Informationen zum Wetter, zu Pegelständen, zu Geländeprofilen etc. verdichten und miteinander vernetzen.

Erst Theorie, kurz danach Realität

Was im Rahmen der Masterarbeit im Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft an der TUK zunächst theoretisch begann, hat jetzt praktische Dimensionen angenommen. Frank berichtet: „Die Experteninterviews für meine Arbeit hatte ich nur eine Woche vor dem tatsächlichen Hochwasserereignis abgeschlossen. Leider erlaubt es mir die Zeit nicht, die Statements mit Blick auf die aktuelle Lage noch einmal nachzuschärfen. Aber ich kann natürlich meine Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Einsatzstab in die wissenschaftliche Auswertung einbeziehen.“

Grundsätzlich ist es für den Studenten ein echter Mehrwert, dass er sein fachliches Wissen und die praktische Einsatzerfahrung kombinieren kann. Er hofft, dass er diese besondere Expertise auch später im Berufsleben einsetzen kann. „Das Thema Hochwasserrisikomanagement gewinnt national wie international immer mehr an Bedeutung. Mit der Spezialisierung auf Infrastrukturthemen sehe ich darüber hinaus auch rund um die Verkehrswende und den damit verbundenen Umweltaspekten eine spannende Zukunftsperspektive.“

 

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Beim DRK hat sich Stefan Frank kontinuierlich weitergebildet und immer mehr Verantwortung übernommen.

Bild des Benutzers Julia Reichelt
Erstellt
am 06.08.2021 von
Julia Reichelt