
Kaiserslauterer iGEM-Team ausgezeichnet
Die Mission des 2020er iGEM-Teams der TU Kaiserslautern (TUK): Den Mikroschadstoff Diclofenac aus Schmerzmitteln stoppen, bevor er sich in wässrigen Lebensräumen anreichern und dort eine umweltgefährdende Wirkung entfalten kann. Mithilfe von Grünalgen (Chlamydomonas reinhardtii) als Modellorganismen ist es den Studierenden gelungen, ein biotechnologisches Reinigungssystem zu entwickeln, welches diesen Job zuverlässig erledigt. Damit haben sie beim internationalen iGEM-Wettbewerb überzeugt und Ende November den Preis für das beste Umweltprojekt gewonnen.
Über Haushalte, zum Beispiel in der Toilette entsorgte Schmerzmittel, gelangt das Diclofenac ins Abwasser und lässt sich über herkömmliche Reinigungsstufen in der Kläranlage nur unzureichend entfernen. Die Methode des iGEM-Teams nutzt hierfür ein Enzym: Die sogenannte Laccase kann Diclofenac sowie chemisch ähnliche Mikroschadstoffe oxidieren und damit unschädlich machen. Grünalgen (Chlamydomonas reinhardtii) dienen als Produzenten.
Ultimatives Ziel der Studierenden: Die Laccase-produzierenden Algen sollen, kultiviert in einem Bioreaktor, in Kläranlagen zum Einsatz kommen. „Ein Filtersystem stellt dabei sicher, dass nur die Flüssigkeit mit der Laccase ins Abwasser gelangt und nicht die Alge selbst“, ergänzt Biophysikstudentin Linda Müller, die ins Team ihre Erfahrung in punkto Mikroschadstoffe und Abwasserreinigung eingebracht hat.
Erfolg des 2019er-Teams eingestellt
Das Umweltprojekt passte von Anfang an perfekt zur Vision des iGEM-Wettbewerbs, der Studierenden eine Plattform bietet, um mithilfe der Synthetischen Biologie Lösungen für die allgegenwärtigen Herausforderungen in der Welt zu entwickeln. Jedes Jahr nehmen rund 6 000 Jungwissenschaftler*innen teil, die iGEM-Community wächst zunehmend.
An der TUK war bereits 2019 ein Studierenden-Team als Sieger hervorgegangen. „Der Erfolg unserer Vorgänger*innen hat uns inspiriert und motiviert, an deren Leistung anzuknüpfen“, erklärt Biologiestudentin Helena Schäfer, die das 2020er-Team zusammen mit Müller gegründet hat. Auf die virtuelle Abschlusspräsentation in der dritten Novemberwoche hatten sich die insgesamt zehn Studierenden gut vorbereitet. Das eingesandte Projektvideo sowie die abschließende Fragerunde überzeugte die Jugdes der iGEM-Organisation, die am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ihren Sitz hat. Wie bereits das Vorgängerteam aus Kaiserslautern gewannen sie den Preis für das beste Umweltprojekt und sicherten sich zudem die Goldmedaille für die Punkte oder Credits, die sie für erreichte Meilensteine bzw. erledigte Projektaufgaben erhalten hatten.
Ein Projekt von A bis Z selbstständig abwickeln
Im Rahmen des iGEM-Wettbewerbs haben die Studierenden gelernt, sich selbst zu organisieren. „Wir brauchten ein großes Team, um nicht nur die Forschung im Labor, sondern auch alle anderen Projektaufgaben wie Eventplanung oder Social-Media-Kommunikation unter uns aufteilen und bewältigen zu können“, so Müller. „Ebenso haben wir gemeinsam über das konkrete Forschungsthema abgestimmt.“ Insbesondere die Entscheidungsfreiheit – die Studierenden legen eigenverantwortlich fest, was sie erreichen wollen und wie sie dabei vorgehen, habe sie grundlegend an iGEM begeistert.
Ihre Teamkollegin Schäfer verweist ergänzend auf die Chancen zur persönlichen Weiterentwicklung: „Ich habe viel Neues gelernt“, so die Biologiestudentin. „Zum Beispiel, wie man Sponsoring-Gelder einwirbt. Zudem haben wir ein komplettes wissenschaftliches Projekt von Anfang bis Ende eigenständig durchgeführt.“ Mit der iGEM-Erfahrung sei ihr der Einstieg in das Betriebspraktikum, welches sie mittlerweile im Rahmen ihrer Bachelorarbeit absolviert, sehr leicht gefallen.
Die gute Idee weiterverfolgen
Damit das Projekt zu Ende geführt werden kann, hat Professor Michael Schroda vom Fachgebiet Biotechnologie an der TUK dem Team Hiwi-Stellen angeboten. Schäfer: „Es gibt noch einiges zu erforschen. Zum Beispiel müssen wir das Enzym noch aus den Algen ausgeschleust bekommen, weitere Aktivitätstests durchführen und den Bioreaktor perfektionieren. Daher freut es uns, dass Interesse besteht, die Forschung weiterzuverfolgen.“
Es gibt auch noch weitere offene Punkte abzuarbeiten. Zum Beispiel haben die Studierenden mit ihrem Projekt „nebenbei“ noch beim Ecoliance Wettbewerb einen Förderpreis, dotiert mit 1.000 Euro, gewonnen und müssen hier noch einen Abschlussbericht einreichen. Und natürlich werden sie dem neuen iGEM-Team an der TUK, welches sich gerade zusammenfindet, Starthilfe geben. So, wie sie auch von den Erfahrungen ihrer Vorgänger*innen profitiert haben.

am 15.12.2020 von
Julia Reichelt