© TUK
Hans-Jörg Bart seit 1994 an der TU Kaiserslautern
2300 Views | 0 Notes
Eine Forscher-Persönlichkeit der Thermischen Verfahrenstechnik

TUK-Professor Hans-Jörg Bart hat die Thermische Verfahrenstechnik in den letzten Jahrzehnten entscheidend mit geprägt. Sein Wissen und seine Erfahrungen bringt er in zahlreiche Projekte ein, die für Gesellschaft und Industrie von Relevanz sind. Es geht dabei um die Verbesserung von technischen Prozessen insgesamt, der Aufarbeitung von Trinkwasser oder auch der Extraktion von Schwermetallen aus Lithium-Batterien.

Von Unispectrum live • Christine Pauli

Damals, als er vor fast 30 Jahren nach Kaiserslautern kam, war vieles in seinem Forschungsgebiet noch anders, erinnert sich TUK-Professor Hans-Jörg Bart. Er meint die heutigen Bildverarbeitungstechniken und spricht das Thema Künstliche Intelligenz an. All diese Entwicklungen seien für die Verfahrenstechnik selbstverständlich auch von Relevanz. Der Mann weiß, wovon er spricht: Mit seiner Forschung hat Hans-Jörg Bart das Gebiet der Thermischen Verfahrenstechnik in den letzten Jahrzehnten geprägt. Seine Arbeiten sind in über 400 Beiträgen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften erschienen. 

Verfahrenstechnische Grundoperationen, insbesondere die Extraktion, die Wärmeübertragung, Chromatographie und Adsorption (Gasreinigung) stehen im Fokus seiner Tätigkeiten. Hans-Jörg Bart kooperiert mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen - und auch mit Industrieunternehmen. Zahlreiche Doktorarbeiten hat er im Zuge seiner vielfältigen Projekte (mit-) betreut. So beschäftigte er sich unter anderem mit der Feststoffextraktion für Heilmittel. In einer Promotion – die in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Münster entstanden ist – ging es um die Triterpenextraktion aus Salbei mittels neuartiger Lösungsmittelsysteme. Wobei Salbei als Modellpflanze diente, die durch eine keimtötende, entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung der Triterpensäuren bekannt ist. In der Forschungsarbeit sei es gelungen, so berichtet es Professor Bart, „ein neues Verfahren zu entwickeln, dass die Gewinnung von Arzneimittelrohstoffen aus Pflanzen ermöglicht“.

Ein langer Weg in Forschung und Lehre

Der 1954 im österreichischen Linz geborene Bart hat einen langen Weg in Forschung und Lehre hinter sich. Er studierte von 1974 bis 1979 Chemieingenieurwesen an der TU Graz. Nach seiner Promotion - zum Thema „Metallsalzextraktion – eine hydrometallurgische Prozessentwicklung am Beispiel Lithium“ – und Postdoc-Aufenthalten in der Industrie übernahm er 1988 eine Stelle als Associate Professor an der TU Graz. Darüber hinaus leitete er von 1989 bis 1995 das Christian Doppler Laboratorium „Modellierung Reaktiver Systeme in der Verfahrenstechnik“ - und war als Gastprofessor unter anderem an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, tätig.

Sonde zur Partikelanalyse 

Im Jahr 1994 folgte Bart dem Ruf auf die Professur für Thermische Verfahrenstechnik im Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der Uni Kaiserslautern, wo er inzwischen eine Seniorforschungsprofessur innehat. 

„Zurzeit widme ich mich gleich mehreren Forschungsschwerpunkten“, erzählt Hans-Jörg Bart. Eines seiner Interessensgebiete sei die Partikelanalyse: „Wir haben eine Sonde zur Partikelanalyse entwickelt und patentiert.“ Deren Ziel sei es, technische Prozesse zu überwachen. Dazu sollte man als Nicht-Verfahrenstechniker wissen: Eines der kleinsten betrachteten Elemente in der modernen Verfahrenstechnik ist der einzelne Tropfen. Um mehr über einen Tropfenschwarm zu erfahren – und um so das damit einhergehende Produktionsverfahren zu optimieren, wird auf verschiedene Methoden zurückgegriffen, um eben solche Tropfenschwärme zu analysieren. Bei dem Ansatz von Hans-Jörg Bart und seinem Team geht es darum, aus einer optischen Aufnahme und Abbildung eines Tropfenschwarms – und einer anschließenden Bildanalyse – Informationen zu gewinnen und zu interpretieren. „Wir haben den Ansatz für Blasen, Kristalle und Sprays weiterentwickelt“, erklärt Bart. Darauf fuße auch ein aktueller EXIST-Antrag zur Gründung einer neuen Firma. Und er ergänzt: „Durch zusätzliche Methoden lassen sich Tropfenverteilungen simulieren und vorhersagen.“

Trinkwasser aus Meerwasser aufbereiten

Ein weiteres seiner Forschungsthemen sei eher ein Nischenthema, wie Bart ergänzt. Hierbei gehe es um Wärmeübertagung. Normalerweise wirken Kunststoffe eher isolierend als wärmeleitend. „Neuartige Kunststoff-Graphit-Compounds jedoch zeichnen sich durch eine vergleichsweise hohe Wärmeleitfähigkeit aus.“ Bart arbeitet hierbei – in Kooperation mit einem Industrie-Unternehmen – an einem Projekt, an dem auch das Emirat Katar beteiligt ist. Vereinfacht gesagt, gehe es darum, Meerwasser mithilfe von polymeren Wärmeübertragern verdampfen zu lassen: „Das Wasser kondensiert. Die Sole bleibt zurück.“ Wasser und Salz lassen sich auf diese Weise trennen. Trinkwasser ließe sich so aus Meerwasser kostengünstiger herstellen. Im nächsten Schritt soll eine Versuchsanlage gebaut werden. „In Kaiserslautern haben wir hierfür einen Wärmeübertrager gefertigt.“ Jetzt beginne die Testphase. 

Schwermetalle aus Lithiumbatterien extrahieren

Dann habe er noch ein weiteres Forschungsstandbein. Dieses fokussiere darauf, Schwermetalle zu extrahieren – aus Lithiumbatterien. „In Lithiumbatterien ist nicht nur Lithium, sondern auch Kobalt oder Nickel.“ Alles könne recycelt werden, wie Bart sagt. Gemeinsam mit einem seiner Mitarbeiter ist er an dem Thema dran – in Kooperation mit einer US-amerikanischen Firma. Recycling ist ein gesellschaftlich relevantes Unterfangen: Die Rohstoffe werden gebraucht, um beispielsweise Elektro-Auto-Batterien herzustellen. Allein etwa zehn Kilogramm Lithium sind nötig für eine einzige solche Batterie. Zwar gibt es weltweit große Rohstoffvorkommen für Lithium, Kobalt und Nickel – wesentliche Bestandteile einer Lithium-Ionen-Batterie. Doch stellt der Abbau in den jeweiligen Ländern einen massiven Eingriff in die Umwelt dar. Auch kann die politische Situation der Staaten, die eben jene Rohstoffe besitzen und abbauen, zumindest als risikobehaftet bezeichnet werden: Vorkommen und Förderung von Kobalt etwa konzentrieren sich auf Länder wie die Demokratische Republik Kongo, Russland und Kuba. Ein Fokus auf Recycling kann von einer internationalen Abhängigkeit – und den damit verbundenen Schwierigkeiten – also frei machen. 

Mehrfach ausgezeichnete Forschungs- und Entwicklungsarbeit

Dass die Arbeit von Hans-Jörg Bart anerkannt ist, bestätigen zahlreiche Auszeichnungen. Von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen, kurz AiF, erhielt er kürzlich für eine Arbeit – die er gemeinsam mit der RWTH Aachen durchführt – die Auszeichnung für das beste Projekt 2021. Es gehe dabei um eine neue Pumpe, die „ nicht nur zum Fördern, sondern auch zum Mischen von zwei Phasen verwendet werden kann. Das spart Kosten, weil man keinen Rührer braucht.“ 

Im Jahr 2021 erhielt Professor Bart mit der Emil Kirschbaum-Medaille die höchste Auszeichnung in der Thermischen Verfahrenstechnik. Damit würdigt ProcessNet, eine Plattform für chemische Verfahrenstechnik, chemische Technik und Chemieingenieurwesen, herausragende wissenschaftliche Arbeiten in diesem Bereich. Er erhielt den Preis insbesondere für seine Arbeiten im Bereich der Chromatographie, der Adsorption, der Wärmeübertragung und zur Entwicklung von Methoden zur numerischen Strömungsmechanik (CFD) in der Mehrphasenströmung und Extraktion.

Doch an Ruhestands denkt Hans-Jörg Bart noch lange nicht. Erst letztes Jahr habe er drei neue Mitarbeiter eingestellt. Und er berichtet von einem neuen Projekt mit einem Industriekonsortium, hierbei gehe es um Schäume im Fermenter, einem Reaktionsgefäß. „Schäume stören die dort stattfindenden Prozesse.“ Die von Bart und seinem Team entwickelte Sonde kann das analysieren - und Detailinformationen liefern. Und auch einen neuen Forschungsantrag habe er erst kürzlich eingereicht, wie er ergänzt. Die Arbeit wird dem vielseitig engagierten Professor so schnell also nicht ausgehen.