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Informatik trifft Medizin
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Neue Medikamente: Software berechnet Bewegung von Atomen

Ein Forscherteam der TU Kaiserslautern arbeitet an einer Software, die Bewegungen von Atomen analysiert. Das so gewonnene Wissen könnte beispielsweise bei der Entwicklung von neuen Medikamenten hilfreich sein.

Von Unispectrum live • Christine Pauli

Bevor ein neues Medikament zugelassen wird, muss es zunächst zahlreiche Tests durchlaufen: Wirksamkeit oder Verträglichkeit werden überprüft. Im Rahmen einer sogenannten Präklinischen Phase beispielsweise wird eine neue Substanz im Labor zunächst an Zellen getestet: Forschende sprechen von sogenannten „in vitro“-Studien. Der gesamte Prozess vom Labor bis zur Zulassung kann mehr als zehn Jahre in Anspruch nehmen. Die Kosten liegen im Millionenbereich. Es gibt aber auch Ausnahmen: Erweist sich ein Mittel als hochwirksam - oder wird für eine schwere Erkrankung schnellstmöglich ein Medikament gebraucht, dann kann für Millionen Menschen ein Schnellzulassungsverfahren die Rettung sein.

Ganz am Anfang eines solchen Entwicklungsprozesses stellt sich die Frage nach dem chemischen Aufbau einer Substanz. Also, wie setzt sich ein potenziell neues Medikament zusammen? Der Aufbau ist entscheidend für die Wirksamkeit. Dazu sollte man wissen: Zentraler Bestandteil eines jeden Medikaments ist sein Wirkstoff, ein Molekül, das im Körper eine bestimmte Wirkung erreichen soll. Moleküle wiederum setzen sich aus Atomen zusammen.

Handelt es sich um langkettige Eiweißmoleküle, dann findet man dort eine sich wiederholende Grundstruktur, „das sogenannte Backbone oder Rückgrat, welches aus Kohlenstoff- und Stickstoff-Atomen besteht“, erklärt der Informatiker Robin Maack, Doktorand in der Arbeitsgruppe „Computer Graphics and Human Computer Interaction“ von  
Professor Dr. Hans Hagen an der TUK. 

Will man mehr über den Hintergrund von Maaks Arbeit verstehen, dann muss man wissen, dass Atome nicht starr sind, sondern sich bewegen. „Dies kann gerade beim Rückgrat starke Formänderungen des Moleküls bedeuten.“ Durch die Bewegungen kann es zu Wechselwirkungen zwischen den Atomen kommen. Und all das wirkt sich möglicherweise auf die Wirksamkeit eines potenziell neuen Medikaments aus.

Doch zu der Bewegung von Atomen gibt es bislang nur unzureichende Informationsquellen. Herkömmlich Computer-Programmen, die etwa Eiweißmoleküle bildlich darstellen, ignorieren solche Bewegungsprozesse oftmals. Atome werden häufig als fixierte Kugeln im Raum betrachtet, „obwohl sie einen gewissen Bewegungsraum besitzen“, erläutert Maack. Genau das will der Wissenschaftler ändern: Gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Christina Gillmann von der Universität Leipzig arbeitet er an einer Software, die diesen Bewegungsraum berechnet. Ihren Algorithmus füttern die Informatiker dabei mit Daten von simulierten und realen Molekülen. 

Atombewegungen besser berücksichtigen
Die Software soll übersichtlich gestaltet sein, – sie soll zeigen, „welche Stellen eines Moleküls stabil sind und welche nicht“, bringt es Maak auf den Punkt. Die Technik erlaube es beispielsweise Arzneimittel-Hersteller schnell zu erkennen, ob es Sinn macht und überhaupt möglich ist, ein Molekül zu entwickeln und zu produzieren. Genau das könnte der erste entscheidende Schritt bei der Entwicklung eines neuen Medikaments ein.
 

Bild des Benutzers Melanie Löw
Erstellt
am 19.11.2021 von
Melanie Löw

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