
Fingerfertig und computeraffin
An der TU gehen junge Menschen meist einem Studium nach. Ein Teil von ihnen ist aber regelmäßig auf dem Campus, weil sie hier eine Ausbildung absolvieren. Über 100 Azubis bereiten sich an der TU auf einen Beruf vor. Auch in den Zentralen Metallwerkstätten gehen derzeit elf junge Männer einer Ausbildung zum Industriemechaniker nach.
Sie ist nicht auf Anhieb zu finden: Die Auszubildenden-Werkstatt auf dem Campus der TU. Im Untergeschoss in Gebäude 45 geht es zunächst einen langen, schmucklosen Flur mit weißen Wänden und hellem Neonlicht entlang. Vom Gang gehen jeweils rechts und links rote Türen ab. Hinter einer von ihnen sind schon Stimmengewirr, ein konstantes Brummen sowie Bohr- und Klopfgeräusche zu vernehmen – in der Werkstatt herrscht Hochbetrieb: Junge Männer stehen hier vor Schraubstöcken, um Feinbleche aus Stahl zu bearbeiten. Sie drehen, fräsen, schleifen oder polieren ihre Werkstücke. Auch Maximilian Emrich und Dirk Feddeck sind emsig bei der Arbeit. Die beiden sind im zweiten Lehrjahr und haben erst kürzlich ihre theoretische Zwischenprüfung abgelegt. In ein paar Wochen steht nun die sechsstündige praktische Prüfung an, bei der sie ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen müssen.
Die dreieinhalbjährige Ausbildung zum Feinmechaniker, genauer gesagt zum Industriemechaniker Einsatzfeld Geräte- und Feinwerktechnik, teilt sich in einen Theorie- und einen Praxisteil auf: Im Moment müssen die Lehrlinge einmal in der Woche dienstags und alle zwei Wochen mittwochs die Schulbank drücken. An den anderen Tagen heißt es für sie dann ab in die Lehrwerkstatt auf den Campus. Wie in anderen Bereichen auch hat im Handwerk längst die computergestützte Technik Einzug gehalten. Die Maschinen, mit denen die Mechaniker arbeiten, werden immer komplexer. Auch die Azubis werden hierauf vorbereitet. „Sie lernen zunächst wichtige Grundlagen kennen, wie zum Beispiel das Arbeiten mit Dreh-, Fräs-, Bohr- und Sägemaschinen, im Laufe der Ausbildung werden die Anforderungen komplexer“, sagt Christian Render, der sich um die Auszubildenden in den Zentralen Metallwerkstätten kümmert. Sie lernen die Pneumatik kennen, also mit Luftdruck zu arbeiten, Baupläne richtig zu lesen und Dreh-, Fräs- und Graviermaschinen derart zu programmieren, dass diese die Werkstücke in der gewünschten Form anfertigen. Zudem beschäftigen sie sich mit technischen Zeichenprogrammen, um 3D-Modelle zu erstellen.
Nach einem Jahr bekommt man ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, das ist sehr wichtig für die Arbeit.
Dirk Feddeck
„Nach einem Jahr bekommt man ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, das ist sehr wichtig für die Arbeit“, sagt Feddeck, der über einen Freund aus dem Fußballverein von der Ausbildung an der TU erfahren hat. „Da ich in diese Richtung gehen wollte, habe ich mich beworben und es hat geklappt.“ Anschließend möchte er vielleicht ein Studium an der Fachhochschule im Bereich Technik aufnehmen. Sicher sei er sich aber noch nicht. „Mit der Ausbildung habe ich auf jeden Fall einen Abschluss in der Tasche, auf den ich aufbauen kann.“ Emrich möchte nach der Ausbildung seinen Techniker oder Meister machen. „Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich“, so der 19-Jährige, der von seinem Onkel von der Ausbildung an der TU erfahren hatte.
Wichtig im Arbeitsalltag ist in jedem Fall ein gewisses Fingerspitzengefühl, um auch kleine Bauteile passgenau herzustellen. Ob etwa Rohrleitungen, Wellen oder Halterungen für Kolben aus Stahl, Aluminium oder anderen Werkstoffen – die Zentralen Metallwerkstätte an der TU sind Anlaufpunkt für alle Fachbereiche, wenn es um diese speziellen Teile für Laborgeräte geht. „Wir arbeiten vor allem für den Maschinenbau, aber zum Beispiel auch für die Biologie und Chemie“, sagt Render. „Für den Wagen unseres studentischen Rennteams haben wir ebenfalls schon Teile angefertigt."
Die Auszubildenden wissen die Atmosphäre in der Werkstatt zu schätzen, sie können sich hier in Ruhe auf ihre Ausbildung konzentrieren und lernen. „Auf jeden Fall sollte man handwerkliches Geschick mitbringen, wenn man sich für die Ausbildung interessiert“, weiß Emrich. Und Feddeck ergänzt: „Aber auch Teamfähigkeit und Arbeiten mit dem Computer sind gefragt.“
Bevor sich die jungen Männer in den kommenden Wochen auf die praktische Zwischenprüfung vorbereiten, steht erst einmal die Nacht, die Wissen schafft, an. An diesem Abend beteiligen sich die Azubis der Zentralen Werkstätten mit einer eigenen Cocktailbar, an der sie selber Getränke mixen werden. Zudem haben sie Präsente, wie etwa kleine Drehkreisel, für die Besucher angefertigt.

am 20.04.2016 von
Melanie Löw