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Jahrestagung der Uni-Kanzler:innen in Kaiserslautern
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Gesundheitsmanagement an Universitäten stärken

Die Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten fand im September 2022 erstmals in Kaiserslautern statt. Dabei tauschten sich die Führungspersönlichkeiten zu aktuellen Fragen im Bereich des Wissenschaftsmanagements aus. „Change – Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit im digitalen Wandel“ stand als diesjähriges Tagungsthema im Mittelpunkt. Und das nicht ohne Grund: Als eine der ersten Universitäten Deutschlands kann die Technische Universität Kaiserslautern (TUK) als Gastgeberin – neben dem betrieblichen Gesundheitsmanagement – auch eine eigene Welt der Gesundheitsförderung und -prävention für Studierende vorweisen.

Von Unispectrum live • Christine Pauli

„Die Kanzlertagung lenkt in diesem Jahr die Aufmerksamkeit auf das wichtige Querschnittsthema Gesundheitsförderung, das sämtliche Bereiche der Hochschulen durchdringt und bei dem alle Hochschulmitglieder gleichermaßen bedacht und berücksichtigt werden müssen", erklärte der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Clemens Hoch in seinem Grußwort zur Tagung. Und er ergänzte: Das hochschulische Gesundheitsmanagement könne ansetzen, indem ein ganzheitlicher Blick auf Themen wie Achtsamkeit, Selbstmanagement und Resilienz gelegt werde. Dabei ging er auch auf den Aspekt Digitalisierung und den damit einhergehenden Wandel ein: „Digitalisierung in der Lebenswelt Hochschule bietet die Chance, die Gesundheitskompetenz weiter auszubauen und durch einen veränderten Arbeitsalltag einen nachhaltigen Beitrag zu einer verbesserten Work-Life-Balance beizutragen.“

„Nur, wer psychisch gesund ist, kann langfristig Leistung erbringen“

Wie genau das gelingen kann – und welche Angebote Kanzlerinnen und Kanzler an ihrer Uni auf den Weg bringen könnten, wurde anschließend an zwei Tagungstagen gemeinsam mit namhaften Referentinnen und Referenten diskutiert. Dabei zeigte allein die Spannbreite der Vorträge, wie vielfältig die Perspektiven auf das Thema sind. So referierte Prof. Dr. Klaus Lieb, wissenschaftlicher Geschäftsführer am Leibniz-Institut für Resilienzforschung gGmbH, über „Psychische Gesundheit und Resilienz – hohe Relevanz auch für Universitätsmitglieder“. Wobei Resilienz die Fähigkeit beschreibt, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Ein Thema, das für Universitätsangehörige jeglicher Ebene bedeutsam ist: Seien es Probleme im Studium, Prüfungsstress, die Unklarheit über die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern  – oder ganz allgemein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei einer herausfordernden Tätigkeit im akademischen Umfeld. Klaus Lieb empfiehlt beispielhaft, eine sichtbare Kommunikations- und Informationskultur aufzubauen. Soll heißen: An und in den Universitätsgebäuden könnten Hinweisschilder angebracht sein, die aufzeigen, wo es Anlaufstellen und Hilfsangebote gibt. Auch empfiehlt er Feedback-Gespräche mit Mitarbeitenden. Diese finden nach wie vor viel zu selten an Universitäten statt. Solche Rückmeldungen aber können insgesamt zur Zufriedenheit beitragen. Auch mit Fehlern solle offen umgegangen werden. Und er rät zu einer Urlaubs- und Erholungskultur: Es müsse Auszeiten zum Regenerieren geben: „Nur, wer psychisch gesund ist, kann langfristig Leistung erbringen.“

Urte Ketelhön, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Geschäftsbereich Hochschulinfrastruktur des HIS-Institutes für Hochschulentwicklung e.V. (HIS-HE) in Hannover, informierte die Kanzlerinnen und Kanzler über das Thema „Juristische Verankerung von Prävention und Gesundheitsförderung“. Dabei machte sie in ausführlichen Schilderungen deutlich, dass sowohl das Präventionsgesetz als auch das Landeshochschulgesetz als auch die Regelung zum Arbeitsschutz eine Grundlage bilden, um ein Gesundheitsmanagement an einer Universität zu implementieren.

Digital und analog: „Das Beste aus beiden Welten“

Dr. Arne Göring von der Uni Göttingen, der auch als Moderator durch die gesamte Veranstaltung führte, ging in seinem Impuls-Vortrag der Frage nach, welche Chancen und Risiken die Digitalisierung beim Thema Gesundheit mit sich bringt. Er veranschaulichte, dass der damit einhergehende Wandel im „Ökosystem der Studierenden“ längst eine wichtige Rolle einnimmt: Digitalisierung ermögliche eine Verfügbarkeit von Daten und Dienstleistungen zu (fast) jedem erdenklichen Zeitpunkt und biete damit eine gewisse Flexibilität in der Tagesgestaltung. Vorteile, die sich – entsprechend digital bereitgestellt – auf die Angebotsentwicklung der universitären Gesundheitsförderung ausweiten ließen. Dennoch seien auch soziale – analoge – Beziehungen ein wichtiger Anker der Gesundheitsförderung. „Das Beste aus beiden Welten“ seien daher die geeigneten Instrumente eines universitären Gesundheitsmanagements, zieht er als Fazit. Wie genau das aussehen könnte, zeigte Arne Göring beispielhaft direkt vor Ort: Eine Gruppe Kanzlerinnen und Kanzler ging Waldbaden im Pfälzer Wald – der sich praktischerweise direkt an den Tagungsraum anschloss. Via Kopfhörer wurden sie dabei – sozusagen digital – von Arne Göring zu Entspannung und Bewegung angeleitet.

Ein weiterer Vortrag behandeltet den Aspekt „Gesunde Führung in Universitäten“: Prof. Tanja Rabl von der TUK machte deutlich, dass Führungsverhalten unmittelbaren Einfluss auf die Gesundheit von Geführten hat. Wer von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen gesunden Lebensstil, eine ausgeglichene Work-Life-Balance erwarte, der müsse mit gutem Beispiel vorangehen.

Zielgruppenspezifische Angebote und Wege aus der Einsamkeit ermöglichen

In insgesamt drei Workshops diskutierten die Teilnehmenden zudem intensiv über „Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Studierenden und Mitarbeitenden in Zeiten des Wandels“. Ein Fazit: An Universitäten sollten zielgruppenspezifische Angebote geschaffen werden, um die körperliche Aktivität zu fördern. Denn genau das habe positive Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit. Auch die Themen soziale Isolation und psychisches Wohlbefinden seien für eine Universität hochrelevant, wie in einem der Workshops ausgearbeitet wurde. Studierende und Mitarbeitende an einer Universität seien nicht selten fern der Heimat, fern ihrer Familie, in einer fremden Stadt. „Einsamkeit betrifft viele, man kann es von außen nicht sehen“, war unter anderem von den Workshop-Teilnehmenden als Fazit zu hören. Auch hier gebe es demnach Anknüpfungspunkte – durchaus initiiert vonseiten einer Hochschulleitung –, um das Wohlbefinden von Universitätsmitgliedern weiter zu verbessern.

Gesundheitsmanagement braucht langfristige Perspektiven

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion tauschten sich Experten anschließend darüber aus, welche Anforderungen ein betriebliches und studentisches Gesundheitsmanagement speziell an Universitäten stellt. Dabei machte unter anderem Politik-Student Daryoush Danaii, vom Dachverband „freier zusammenschluss von student*innenschaften“, deutlich, wie angespannt die Situation für Studierende derzeit ist: „Nach Corona und den damit verbundenen Einschränkungen kommt nun die nächste Krise – die Energiekrise. Studierende fragen sich, wie sie Strom und Heizung bezahlen sollen.“ Universitäten müssten sich in solchen Zeiten – auch angesichts eines Fachkräftemangels – überlegen, wie sie etwa Studienabbrüche verhindern. Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit weiter auszubauen, sei – bezogen auf das Gesundheitsmanagement einer Universität – ein Weg der Unterstützung, darin war sich die Diskutantenrunde einig. Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, führte ebenfalls aus, dass das Thema psychische Gesundheit immer mehr an Bedeutung gewinne. Überhaupt, das Thema Gesundheit brenne unter den Nägeln. Die Studierendenwerke stehen für den Dialog mit anderen Ansprechpartnern an den Hochschulen bereit. Benjamin Schenk vom Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband sagte unter anderem, dass der Hochschulsport an einer Universität mehr Verantwortung übernehmen müsse als nur den reinen Sport. Auch die Gesundheitsförderung solle in die gesamte Betrachtungsweise mit einbezogen werden. Dr. Sabine Voermans von der Techniker Krankenkasse zeigte, wie – aus Sicht einer Krankenkasse – gemeinsam mit den Hochschulen ein Prozess angestoßen werden kann, um Angebotsstrukturen aufzubauen: „Man muss sich gemeinsam darauf einlassen.“ Krankenkasse geben einen gewissen Betrag pro Versicherten für die Prävention aus. Finanzielle Mittel, die unter anderem auch für die Unterstützung entsprechender Hochschulangebote genutzt werden dürften. Sandra Pape, vom Arbeitskreis Gesundheitsfördernde Hochschulen, brachte ein, dass das Thema Gesundheitsmanagement für die Hochschulen an Relevanz zunehme. Jetzt gehe es darum, langfristige Perspektiven aufzubauen.

TUK beim studentischen Gesundheitsmanagement ein Vorreiter

Beeindruckt zeigten sich viele der Teilnehmenden von den Angeboten, die an der Uni Kaiserslautern bereits etabliert sind. Denn als eine der ersten Hochschulen Deutschlands hat die TUK neben dem betrieblichen Gesundheitsmanagement auch eine eigene Welt der Gesundheitsförderung und -prävention für Studierende geschaffen. Das studentische Gesundheitsmanagement (SGM) ist ein Modellprojekt, das die TUK gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse (TK) unter dem Namen CampusPlus umsetzt. Im Rahmen des SGMs werden seit 2015 Maßnahmen und Angebote entwickelt, die Studierende in einer gesunden Lebensweise unterstützen und allgemein für das Thema Gesundheitsförderung sensibilisieren. Beispiele im Bereich Bewegungsförderung und Stressmanagement sind die App „Game of TUK“, Yogakurse gegen Prüfungsstress oder der Hängemattenpark auf dem Campus. Für dieses Gesamtpaket ist die Kaiserslauterer Universität bereits mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem 2018 und 2020 mit dem Corporate Health Award, der zu den bedeutendsten Auszeichnungen in Deutschland im „Betrieblichen Gesundheitsmanagement“ zählt.

„Das Thema hat hervorragend zur Uni Kaiserslautern gepasst“

Stefan Lorenz, Kanzler der TUK, zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Tagung: „Die Themen und die Durchführung waren der Komplexität des Themas angemessen.“ Einmal mehr habe die Kanzlertagung Wege aufgezeigt, wie an einer Universität unterstützende Strukturen und Prozesse für den Wissenschaftsbetrieb geschaffen und weiterentwickelt werden können. Und Dieter Kaufmann, Bundessprecher der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands, zieht als Fazit: „Es hat sich gelohnt, nach Kaiserslautern zu kommen.“ Das Thema Gesundheitsförderung habe hervorragend zur TUK gepasst: „Toll, was hier auf die Beine gestellt wird. Das war eine bereichernde Erfahrung.“

Beeindruckt waren die Teilnehmenden auch von der professionellen Durchführung der Jahrestagung. Die Zentrale Betriebseinheit CampusPlus, die auch das studentische Gesundheitsmanagement an der TUK umsetzt, hatte das Eventmanagement federführend übernommen. „Einmal im Jahr bringt uns diese Veranstaltung zum gemeinsamen Austausch rund um das Wissenschaftsmanagement zusammen. Als erstmaliger Gastgeber sind wir überaus dankbar, dass das unser Gesamtkonzept so guten Anklang gefunden hat. Das CampusPlus-Team hat die Tagung in guter und wertschätzender Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren der Universität vorbildlich und reibungslos organisiert. Mich hat von den Kolleginnen und Kollegen nur positives Feedback erreicht“, freut sich Lorenz.

Die Kanzlerjahrestagung grafisch dargestellt:

© Henning Rathjen
Bild des Benutzers Julia Reichelt
Erstellt
am 13.10.2022 von
Julia Reichelt

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